Fotografie einer Wende

von Petra Ganglbauer

Anfänglich ist da nichts, kein Bild, noch die Vorstellung von etwas, das sich ereignen könnte. Was sich jedoch abzuzeichnen beginnt, ist etwas, das zunächst seine Namenlosigkeit, seine Abwesenheit inszeniert: Das aus dem Bild, aus der Zeit Gefallene. Wenn die Wartespannung unerträglich zu werden droht, taucht ein seltsames neues Gehör auf; der Wind trägt etwas – das weite Gedächtnis sucht die Abzweigung; ein unregelmäßiges Stück Wand oder Papier: das Weiß. Potentialität.

Licht und Dunkel vor der Trennung. Noch hält sich etwas in Schwebe, noch trägt es die Gewichtslosigkeit in sich. Verbleibt schwingend. Ist Klang, Hall, Echoraum. Dahinter: Urschweigen. Reine Empfindung, Baum. Was aus Fingern blüht, Wald, Dunkel, Versuchung, Ort unaufhörlicher Suche, tritt aus und mischt sich unter den Lärm der Welt.

Brennender Hintergedanke, das unterlegte Murmeln, Seelenmembran, kein Wort zwischen Reden und Schweigen geklemmt, über Stufen getragen, Gezeter, Gesang. Dergleichen pflanzt sich etwas fort und gestaltet sich aus sich selbst.

Tanz oder Findung: Setzung: Verdichtung: Idee. Dieses Tanzen am Rande ist Gratwanderung, ursächliche Angst: der Augenblick, Lichteinfall, die Blendung, der Schrei. Was davor liegt ist unbekannt, Neuland, Randgang.

Die Anhäufung des Bildes aus dem Verschwundenen; das Getuschel in den vielen Farben gibt der Luft einen Körper: Verführung, die Wandlung aus dem Vorsprachlichen.

Im Zentrum das Gewebe, ein zittriges Schauen – noch ohne Gesicht – entkleidet, gefärbelt, mimetisch. Möglichkeit. Milieu. Noch ist es zögerlich, wellenförmiges Gleiten, durch das alles schimmert: der Name, das Gesicht.

Die Fügungen oder Abweichungen sind unendlich, das Mitgedachte führt weit aus dem Gesichtsfeld. Was anschlägt im Wind, wird lauter. Nimmt Blick an, oder Gebärde.

Der erste Gedanke, der hindurchweht, schenkt das erste Schauen. Dieses weicht dem Vergangenen aus; Passagen, der Wurf, messerscharf, das sich der Festmachung, dem Vegetabilen entzieht. Zerschnitten wird die Rinde, das Kleid, die Sprachlosigkeit, Zungenlosigkeit.

Es bewegt sich aus einem Ruhezustand ins Wort, weist das Urbild zurück, läßt es hinter sich, schreitet voraus, sammelt vorsichtig das Schauen und die Sprache im halben Gesicht.

Noch ist es scheu, ein Staunen. Jetzt fährt eine Bewegung durch es hindurch, reine Farbe, Rot, die Verursachung, unbegrenztes Fortschreiten, energetisch geladenes Moment, Verwandlung, Tat. Es insistiert. Nimmt Körper an. Kippt aus der Bildlosigkeit in die Gegenwart.

Das Neue setzt sich. Kristallisation: Sie. Blitzartige Eröffnung. Schnittstelle. Scharfstelle. Abbildung. Metaebene. Reflexion.

Das Bild spricht: "Daphne Nuova" – Widersprechen, Widersinn, und nähert sich so dem Tod. Doch ist nicht Töten Vorantreiben des Beginns?